Leben mit Angststörung
Fast jede:r erlebt im Laufe des Lebens mal eine Phase intensiver Angst. Aber wusstest du, dass rund 15 % der Menschen irgendwann an einer behandlungsbedürftigen Angststörung leiden? Bei Studis und Berufseinsteiger:innen ist das Risiko besonders hoch – Stress, Leistungsdruck und Zukunftsangst tun ihr Übriges. Die gute Nachricht: Angststörungen sind sehr gut behandelbar, wenn man weiß, wie man sie angeht.
Wir geben dir Antworten auf die folgenden Fragen:
- Was ist eine Angststörung – und welche Arten gibt’s?
- Was sind Ursachen und typische Symptome?
- Was tun bei Angststörung?
- Welche Therapie hilft?
- Welche Medikamente helfen bei Angststörung?
Was ist eine Angststörung?
Angst ist erstmal ein eingebauter Schutzmodus (Fight-or-Flight) – super sinnvoll, wenn’s echt brenzlig wird.
Problematisch wird’s, wenn Angst zu oft, zu stark oder ohne reale Gefahr kickt und dich im Alltag einschränkt: Dann sprechen Fachleute von einer Angststörung. Typisch sind heftige körperliche und mentale Symptome wie Herzrasen, Schwitzen, Atemnot, Schwindel, Zittern oder Kontrollverlustgefühle – oft in Situationen, die andere als harmlos wahrnehmen.
Angststörungen sind häufig und gut behandelbar. Studien zeigen: innerhalb eines Jahres sind ca. 9 % der Männer und 21 % der Frauen betroffen. Wichtig: je früher du dir Hilfe holst, desto besser.
Die häufigsten Arten
- Spezifische Phobie: Angst vor konkreten Dingen/Situationen (z. B. Spinnen, Spritzen, Fliegen). Vermeidung ist common – wird’s einschränkend, reden wir von Störung.
- Soziale Angststörung (Sozialphobie): starkes Bewertungs-/Blamier-Angst-Level in sozialen Situationen (Vortrag halten, essen vor anderen etc.).
- Panikstörung: Plötzliche, massive Panikattacken „aus heiterem Himmel“ (meist Minuten bis <30 min), oft mit Todesangst-Gefühl. Nicht selten plus Agoraphobie (Angst vor Situationen, wo Flucht/Hilfe schwer möglich wirkt: Menschenmengen, ÖPNV, Tunnel).
- Generalisierte Angststörung (GAS): Dauer-Sorgenmodus ohne klaren Auslöser – ständige Befürchtungen (Unfall, Krankheit, Geld, Job), dazu Anspannung, Unruhe, Muskelverspannungen, Schlafprobleme.
Wichtig: die Grenzen zwischen „normaler“ Angst und Störung sind fließend. Entscheidend sind Belastung, Dauer und Funktionsbeeinträchtigung – das klärt ärztlich/psychotherapeutisch die Diagnostik.
Ursachen & typische Symptome
Für Angststörungen gibt nicht die eine Ursache – meist ist’s ein Mix aus genetischer Veranlagung, Lernerfahrungen (z. B. nach belastenden Ereignissen), Stress, manchmal auch körperlichen Faktoren oder Substanzen (Stichwort: Koffein, Medikamente, Drogen). Auch andere psychische/medizinische Erkrankungen können eine Rolle spielen.
Was spürst du? Neben Grübeln/Sorgen treten häufig folgende Symptome auf:
- Herzrasen,
- Schwindel,
- Schwitzen,
- Zittern,
- Kurzatmigkeit,
- Enge in der Brust,
- Übelkeit,
- innere Unruhe – bis hin zu Panikattacken.
Nicht selten mischt sich eine depressive Stimmung oder es kommt zu Vermeidungsverhalten (aka „Teufelskreis der Angst“).
Was tun bei Angststörung? (Erste Schritte)
- Reality-Check & Info: Verstehen beruhigt – lies seriöse Infos, mach ggf. einen validierten Selbsttest als Startpunkt. Aber: eine zuverlässige Diagnose gehört in professionelle Hände.
- Abklären lassen: Hausärzt:in → organische Ursachen ausschließen; dann Psychotherapeut:in/Psychiater:in für Diagnostik/Therapieplanung.
- Nicht alleine bleiben: Selbsthilfegruppen (z. B. Deutsche Angst-Hilfe) können mega entlasten.
Soforthilfe bei akuter Panik
- Atmung resetten: 4 Sekunden ein, 6–8 Sekunden aus – ein paar Minuten.
- Bodyscan: Füße spüren, Raum benennen („Ich sehe 5 Dinge…“).
- Bleib dran (keine Flucht): Panik klingt ab – das ist Lernstoff fürs Gehirn.
- Bei Bedarf: 116 117 (ärztlicher Bereitschaftsdienst) oder 112 (Notfall).
Welche Therapie bei Angststörung?
Die gute Nachricht: Angststörungen sind in der Regel gut behandelbar. Evidence-based first line ist Psychotherapie, v. a. Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Exposition (Konfrontation): du stellst dich – Schritt für Schritt und begleitet – den Auslösern/den befürchteten Situationen und lernst: „Ich halte das aus, die Katastrophe bleibt aus.“ Das durchbricht Vermeidung und den Teufelskreis.
Ergänzend können helfen:
- Achtsamkeits-/Akzeptanzverfahren,
- Psychoedukation,
- Entspannung,
- Sport/Bewegungstherapie und
- Skills-Training.
Kliniken und Ambulanzen arbeiten oft multimodal (Einzel + Gruppe), je nach Schwere ambulant oder stationär/teilstationär. Wichtig ist ein individueller Therapieplan inkl. Diagnostik, Zielklärung und regelmäßiger Übungen im Alltag.
Alltagshacks, die wirklich helfen
- Mini-Expositionen daily einbauen (z. B. kurze Fahrt mit der Bahn, Smalltalk im Café).
- Sorgentermin: 15 Min. am Tag „geplantes Grübeln“, sonst Gedanken parken.
- Körper first: Schlaf, Essen, Bewegung (regelmäßig!), Koffein/Alkohol kritisch checken.
- Journaling: Angstskala (0–10), Trigger, Dauer – hilft dir und der Therapie.
Welche Medikamente helfen bei Angststörung?
Medikamente können ergänzend zur Psychotherapie sinnvoll sein – oder vorübergehend, wenn die Symptomlast sehr hoch ist bzw. Komorbiditäten (z. B. Depression) vorliegen.
Häufig eingesetzt werden Antidepressiva (SSRI u. a.): sie machen nicht abhängig, brauchen aber einige Wochen bis zur Wirkung. Benzodiazepine wirken schnell, sollten aber nur kurzzeitig und ausnahmsweise eingesetzt werden (Abhängigkeitsrisiko). Die Entscheidung hierzu ist immer individuell und die Nutzen/Risiken müssen mit deine:r Ärzt:in abgewägt werden.
Das Wichtigste zuletzt: du schaffst das!
Auch wenn’s sich gerade heftig anfühlt und vielleicht aussichtslos wirkt: du bist nicht alleine und es gibt Wege raus aus der Angst. Schritt für Schritt, mit der richtigen Hilfe, kann es wieder leicht werden!
(AOK/Asklepios/LMU/Malteser/MSD Manual/Pro Psychotherapie/Schön Klinik/Stiftung Gesundheitswissen/UKB/UKM/SAHO)