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Gute von schlechte Abeitgeber:innen unterscheiden

Junger Mann mit älterem Mann an Schreibtisch, sie geben sich die Hand.
Mit einem guten Gefühl in den neuen Job starten? Dafür ist es wichtig, dass dir dein:e Vorgesetzte:r sympathisch ist. (Foto: ©stock.adobe.com/seventyfour)
Neuer Job, neue Chance – schlecht nur, wenn man bei eine:r weniger guten Chef:in landet. Worauf du frühzeitig achten solltest, damit das nicht passiert?
Freitag, 12.09.2025, 09:11 Uhr, Autor: Sandra Lippet

Beruflich durchstarten oder umorientieren – für beides davon, musst du dich erstmal auf dem Arbeitsmarkt umsehen, Bewerbungen schreiben und Co. Dabei wirst du irgendwann deinen zukünftigen Chef/deine zukünftige Chefin kennenlernen

Zwar ist es nicht in jeder Branche üblich, tagtäglich mit de:r Vorgesetzten zu tun zu haben, ein guter und fairer Umgang wären aber trotzdem nice, oder? Damit du am besten schon beim Kennenlernen, also im Vorstellungsgespräch, bei der Probearbeit oder spätestens in der Probezeit ausloten kannst, ob du mit deine:r Arbeitgeber:in gut klarkommen wirst oder es sich dabei um eine toxische Führungsperson handelt, geben wir dir hier Tipps, um genau das rauszufinden.

Was sind toxische Arbeitgeber:innen?

Nicht jedes Fehlverhalten ist gleich ‚toxisch‘. Klar, jede:r darf mal einen schlechten Tag haben, etwas Unüberlegtes sagen oder über die Stränge schlagen, auch Chef:innen. Problematisch wird es aber, wenn negatives Verhalten aus der Führungsebene zum Normalzustand wird und dahinter eine Systematik steckt – also, wenn es dauernd passiert und sogar zum Druckaufbau, zur Demotivation, zum Bloßstellen gedacht ist.

Das kann dann für alle Mitarbeitenden schnell unangenehm werden und längerfristig auch dazu führen, dass sie ungern zu Arbeit kommen, vielleicht sogar Ängste entwickeln, häufiger krank sind und in der Konsequenz den Arbeitsplatz wechseln wollen. Ungut! 

Aber wie erkennst du, bestenfalls auf den ersten oder spätestens dritten Blick, dass in deinem neuen Job etwas schiefläuft oder schieflaufen wird – und, dass das größtenteils oder nur an der Führungsperson liegt?

Red Flags, an denen du potenziell toxische Arbeitgebende erkennst, sind:

  • schlechte Kommunikation: über die Art, wie jemand redet, kannst du eig. ziemlich schnell rausfiltern, ob was nicht stimmt. Das fängt schon bei den Basics an: lässt dein:e Chef:in dich nicht ausreden? Unterbricht dich ständig? Hört dir nicht richtig zu? Und auch beim Inhalt, solltest du hellhörig werden, wenn Tatsache verdreht, übermäßig verschönt oder dramatisiert werden, genauso wenn Probleme totgeschwiegen oder nicht direkt und ehrlich besprochen werden. Wenn es schon an der Grundkommunikation scheitert, ist das definitiv kein gutes Zeichen.
  • kein Interesse an dir als Mensch: klar geht es um den Job und die Arbeitsleistung, aber wenn nicht mal kurz zwischendurch gefragt wird, wie es dir geht, wie dein Wochenende war oder bspw. beim Bewerbungsgespräch, ob du gut hingefunden hast, zeigt das oft an, dass du als Mensch nicht zählst. Niemand will nur als Arbeitsmaschine betrachtet werden.
  • hohes Kontrollbedürfnis: irgendwann sollte dein:e Vorgesete:r dir zutrauen, Aufgaben eigenständig zu erledigen. Wirst du dauernd kontrolliert, darfst dich nicht auch mal alleine beweisen, kann das schnell einengend wirken. Schau dich bei diesem Punkt bei den anderen Mitarbeitenden um: werden sie auch viel zu sehr kontrolliert? Dann spricht das leider nicht unbedingt für die Führungsperson. Ein zu hohes Kontrollbedürfnis kann sich übrigens auch daran zeigen, dass keine Bereitschaft für Kompromisse vorhanden ist – es wird immer nur gemacht, was der Chef/die Chefin will.
  • viel Kritik, aber wenig Konstruktives: Kritik ist wichtig und oft auch richtig, wenn man sie dazu einsetzt, die Leistung zu verbessern, dazuzulernen oder Fehler zu vermeiden. Aber Vorsicht! Hast du das Gefühl, es hagelt nur Kritik, der Kritik wegen, und es wird dir kein Lösungs- oder Verbesserungsvorschlag mitgegeben, geht das definitiv in die toxische Richtung.
  • keine Organisation, Struktur: wenn du merkst, die Chefetage selbst ist einfach irgendwie lost, kennt sich weder mit den Aufgabenbereichen und Projekten aus, noch interessiert sie sich dafür – ungut. Mindestens einen Überblick über die laufenden Angelegenheiten sollte vorhanden sein, sonst kannst du dich auch nicht auf Hilfe, Tipps oder Input von deine:r Vorgesetzten verlassen.
  • nicht an Absprachen/Abmachungen halten: das kann schon bei den Verhandlungen passieren, wenn es um den Lohn oder Urlaubstage geht oder später bei den Benefits, Terminen oder Sonstigem. Ein:e gute Arbeitgeber:in hält sich an das, was besprochen wurde und wenn er/sie sich das nicht merken kann, schreiben sie es sich in der Regel auf. 
  • Fehler von sich weisen: sich eigene Fehler nicht eingestehen können und sie auf andere abwälzen, immer einen Sündenbock finden, obwohl deutlich ist, dass eig. die Führungsperson ‚verbockt‘ hat – ein klassischer Toxic Trait. 
  • mit den Lorbeeren anderer schmücken: wenn jedes Achievement, egal, ob es ein Team-Effort oder der Erfolg einer Einzelperson war, immer so hingedreht wird, dass der Chef/die Chefin alleine dafür verantwortlich waren, läuft auch was schief. Vor allem, wenn es nur um die positiven Dinge geht und die negativen auf andere abgewälzt werden.
  • Favoritism: toxische Arbeitgeber:innen neigen dazu, bestimmte Mitarbeitende in den Himmel zu loben und alle anderen schlecht zu machen. Oft wird das als Strategie genutzt, um Druck aufzubauen und Konkurrenzverhalten anzustacheln.

Achte rechtzeitig auf Red Flags, am besten schon beim ersten Gespräch, spätestens in der Probezeit. Manche Dinge zeigen sich erst nach einer bestimmten Zeit – aber genau dafür ist die Probezeit da, um zu schauen, ob es wirklich passt. 

Zusatz: Toxisches Arbeitsumfeld

Es ist sehr wichtig, dass du so früh wie möglich deine Kolleg:innen und deinen Arbeitsplatz kennenlernst – deswegen rate ich immer zu einer Probearbeit. Denn nur so kannst du dich umsehen und dir selbst ein Bild davon verschaffen, wie das Arbeitsklima wirklich auf dich wirkt. Zwar sprechen Arbeitgebende in Bewerbungsgesprächen gerne von einem ‚familiären Zusammenhalt‘, ‚flachen Hierarchien‘ oder ‚entspannter Büroatmosphäre‘ – du solltest aber prüfen, ob das auch in der Realität zutrifft und nicht nur Wunschdenken oder Überzeugungsstrategie ist.

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Anzeichen dafür, dass im Betriebsklima allgemein der Wurm drin sein könnte, sind:

  • gestresste und überforderte Mitarbeitende; also nicht nur eine:r, sondern viele
  • ein rauer Umgangston zwischen Angestellten untereinander und/oder zwischen ihnen und den Führungspersonen
  • Unterbesetzung und/oder fehlende (Urlaubs-)Vertretung
  • schlechte Kommunikation, viele Missverständnisse
  • Zuständigkeiten werden dauernd abgeschoben, ‚das ist nicht meine Aufgabe/mein Bereich‘, obwohl es so wäre
  • hohe Fluktuation: wenn dauernder Wechsel in der Belegschaft herrscht, weil immer wieder Leute gehen

Um zu prüfen, ob mehrere oder alle dieser Punkte zutreffen, solltest du bei deiner Probearbeit oder in deiner Probezeit, mit deinen Kolleg:innen reden und sie auch ehrlich nach ihrer Meinung/Einschätzung fragen. Am Ende musst du aber selbst abwägen, ob dir das Arbeitsklima taugt oder eben mal so gar nicht.

Woran kann ich gute Arbeitgeber:innen erkennen?

Ob eine Führungsperson besser oder nicht so gut ist, erkennst du alleine schon daran, wie die Mitarbeitenden auf ihn/sie reagieren. Herrscht sofort unangenehme Stille, wenn Arbeitgebende den Raum betreten oder verhalten sich die Angestellten sehr unsicher oder verklemmt in seiner/ihrer Anwesenheit, ist das definitiv nicht gut.

Reden sie mit dem Chef/der Chefin aber ganz normal, freue sich diese:n zu sehen und verhalten sich vor ihm/ihr genauso wie sonst auch, ist das ein sehr gutes Zeichen. Das heißt es herrscht eine vertraute, respektvolle Basis – und das wollen wir am Arbeitsplatz!

Welche Eigenschaften hat ein:e gute:r Chef:in?

  • organisiert: ein guter Führungsstil zeichnet sich immer auch dadurch aus, dass es Strukturen gibt, Pläne und Ziele, jede:r weiß, was er zu tun hat und das Gesamtunternehmen sowie die einzelnen Teams sind gut organisiert. Der/die Arbeitgeber:in kennt sich mit den Bereichen aus, weiß über Probleme Bescheid und hilft den Betrieb auf Kurs zu halten.
  • fair: gibt es Streitigkeiten, schwierige Situationen im Team, fachlich oder menschlich, versucht ein:e kompetente:r Chef:in fair zu bleiben, alle gleichberechtigt sprechen zu lassen und eine Lösung zu finden, die für alle okay ist. Das spiegelt sich auch an den Firmenbenefits, den Urlaubstagen und den Löhnen wider – die werden fair vergeben.
  • kompromissbereit: nur den eigenen Kopf durchsetzen, koste es was es wolle? Nicht bei guten Arbeitgebenden. Für sie spielen auch die Meinung, die Ideen und Kritik ihrer Mitarbeitenden eine Rolle. Es werden Kompromisse gefunden, mit denen alle Beteiligten leben können. 
  • lösungsorientiert: Kritik übt auch ein kompetenter Chef/ eine kompetente Chefin, dabei geht es aber v.a. um konstruktive Kritik. Ziel ist es, Fehler zukünftig zu vermeiden, daraus zu lernen und sich positiv weiterzuentwickeln. Der Fokus liegt auf der Lösung des Problems, nicht auf dem Fehlverhalten der/des Einzelnen.
  • mehr fachlich/objektiv anstatt emotional/subjektiv: Emotionen und Tageslaunen an den Angestellten rauslassen? Bestimmte Mitarbeitende stark bevorzugen und andere schlecht behandeln? Bei einer guten Führungsperson wird das nicht passieren, sie versucht ihre Gefühle und subjektiven Einstellungen unter Kontrolle zu halten und fachlich objektiv zu handeln.
  • selbstreflektiert: passiert dem/der Chef:in mal ein Fehler, ist er/sie in der Lage, das zuzugeben, sich selbst Schwächen und Co. einzugestehen und daraus zu lernen – eben genau das, was auch von den Arbeitnehmenden erwartet wird.
  • respektvoll – auf Augenhöhe: ein:e gute:r Arbeitgeber:in kommuniziert auf Augenhöhe, es herrscht ein respektvoller Ton, Grundregeln der Kommunikation wie ausreden lassen, zuhören, darauf eingehen, was das Gegenüber sagt, werden eingehalten. Gespräche mit ihm/ihr vermitteln Wertschätzung, selbst, wenn es mal um schwierigere Themen geht.

Helfen Bewertungsseiten und Co.?

Natürlich gibt es Plattformen, auf denen man Chef:innen oder Arbeitsplätze allgemein bewerten kann, wie Jobvoting, MeinChef oder Kununu. Und dort kannst du eben auch nachsehen, wie das Unternehmen und die Chefetage, bei der du dich bewirbst/bewerben möchtest abschneidet.

Du solltest diese Seiten auch unbedingt nutzen, um dir einen groben Überblick zu verschaffen. Wenn nämlich alle Bewertungen durch die Bank schlecht sind, stimmt vielleicht wirklich etwas mit dem Betriebsklima/der Chefetage nicht. 

Behalte aber im Hinterkopf, dass die Bewertungen der (ehemaligen) Mitarbeitenden größtenteils subjektiv sind und ihre eigenen Erfahrungen widerspiegeln. Manche davon können auch aus verletztem Stolz, Wut, Enttäuschung oder als Rache verfasst worden sein – ist jedenfalls eine Möglichkeit. Vor allem, wenn unter durchschnittlichen bis guten Beurteilung einer Firma eine superschlechte auftaucht, kannst du fast davon ausgehen, dass es sich dabei eher um einen Einzelfall handelt.

Lass dich also von den Bewertungsseiten nicht sofort abschrecken. Nutz sie dafür, um mal zu schnuppern, wie das Unternehmen bei ehemaligen Angestellten wegkommt. Wie das dann bei dir läuft, solltest du dir aber selbst anschauen – mindestens bei einem persönlichen Vorstellungsgespräch. Dein Bauchgefühl wird dir vermutlich schnell sagen, ob die zu positiven oder zu negativen Beurteilungen stimmen (könnten).

(juniorconsultant/ingenieur/kursfinder/techminds/karriere-hamburg/SALI)

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