Gender und Diversity in den Medien
Sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen zu können oder zu wollen, ist vollkommen in Ordnung. Wenn du dich einfach nicht als „nur“ Frau oder Mann fühlst, dann darf das einfach so sein und niemand hat dir da reinzuquatschen.
Früher, und damit meine ich nicht vor hundert Jahren, sondern eher so 10 – 15 Jahre, wurden Menschen, die sich nicht eindeutig gekleidet oder verhalten haben, schnell mit Schimpfworten wie Transe und ähnlichen Freundlichkeiten bedacht und abgelehnt.
Zum Glück sind diese Zeiten vorbei! Die meisten von uns haben erkannt, dass auch die Geschlechtsidentität nicht nur zwei Varianten kennt, sondern eher ein Spektrum zwischen beiden Polen darstellt.
Was bedeutet Diversität?
Vielfalt – so könnte man jetzt erstmal ganz harmlos dieses kleine Wort Diversity übersetzen. Klingt doch nice. Vielfalt ist gut, keine Langweile, schön bunt. In der Natur ist biologische Vielfalt ein Zeichen für ein gesundes Ökosystem. Je mehr Arten und je unterschiedlicher diese sind, desto besser. Warum sollte das beim Menschen anders sein?
Von binär zu divers
Oach naja, wir sind leider eine schwierige Spezies. Wenn irgendetwas - vermeintlich – nicht in ein System (wie eine Gesellschaft) passt, fällt es unserer Art erstmal schwer, damit umzugehen. Egal bei welchem Thema. Als die ersten Züge fuhren, gab es einen Aufschrei, ob der brutalen Geschwindigkeit, mit der die Fahrgäste sich fortbewegen. Neue, gewagte Modestile (Bikini!) sorgten öfter für Empörung. Und so könnten wir die Liste ewig fortführen. Sagen wir einfach mal so: Was „anders“ ist, stößt zunächst öfter auf Ablehnung als auf Zustimmung.
Genauso ist es auch bei dem Thema Geschlecht. In unserer westlichen Welt galt jahrhundertelang die Prämisse, dass es nur Mann und Frau gibt, oder kurz ein binäres Geschlechterbild. Gekennzeichnet durch die äußerlich sichtbaren biologischen Unterschiede. Penis = Mann, Vulva = Frau. So einfach war das. Menschen, die sich dazwischen befanden, wurden, im besten Fall, als Sonderlinge abgestempelt und litten oft unter ihrer Andersartigkeit. Im schlechtesten Fall bezahlten dafür sie mit ihrem Leben.
In den letzten Jahren hat sich die gesellschaftliche Wahrnehmung langsam gewandelt, weg von einer binären hin zu einer diversen Sichtweise. Nicht mehr nur die äußerlichen Merkmale zählen, sondern auch, zu welchem Geschlecht sich jemand zugehörig fühlt und selbst wahrnimmt. Die Gesellschaft wird offener für neue Konzepte von Mann und Frau. Zunehmend lassen wir jede:n selbst entscheiden, was bzw. wer er/sie sein möchte.
Was sind diverse Geschlechter?
Es gibt viele Ausdrucksformen von Diversität. Dazu gehören unter anderem:
- Trans - Personen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt
- Nicht-binäre – Personen, die sich weder als rein männlich noch als rein weiblich identifizieren
- Intergeschlechtlich – Menschen, deren körperliche Merkmale, nicht eindeutig männlich/weiblich sind
- Menschen, die sich überhaupt nicht mit einem Geschlecht identifizieren
Die Liste ist nicht abschließend. Da wir psychische und soziale Wahrnehmungen mit einschließen, gibt es noch weitere Formen der Identifizierungen.
Wie werden Gender und Diversität in den Medien dargestellt?
Das ist eine wirklich spannende Frage. Wie empfindest du denn unsere Medienlandschaft? Fühlst du dich repräsentiert? Spiegelt die Darstellung an unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten deine Realität ab? Oder fehlt dir da was?
Lustigerweise finde ich persönlich, dass low budget Formate wie "Berlin Tag und Nacht„ schon recht nah dran sind an der gesellschaftlichen Wirklichkeit einer Großstadt. Aber hast du mal “Dahoam is Dahoam„ oder “Rote Rosen" angeschaut? Beim Durchzappen hatte ich den Eindruck, da geht es eher recht altbacken zu. Gut, sind wir jetzt wahrscheinlich auch die falsche Zielgruppe.
Aber gefühlt ist das Bild, dass uns das Fernsehen vermittelt, doch noch sehr binär. Es ist eher selten, dass beispielsweise eine Trans-Person dargestellt wird. Noch seltener wird er/sie in einem ganz normalen Umfeld und Alltag gezeigt. Die Darstellung als Opfer im Krimi, Paradiesvogel oder sonstige Stereotype überwiegt hier doch noch sehr. Wie viele Sendungen, Shows, Filme oder Serien kennst du überhaupt, in denen Transmenschen vorkommen? Oder nicht binäre Personen? Mir fallen da nicht allzu viele ein.
Komplett vorbei ist es, wenn es um die Selbstdarstellung von TV-Sendern geht, beispielsweise durch die Auswahl der Moderation:innen. Mir will da gerade niemand einfallen, der/die in Deutschland als offen diverse Person vor der Kamera steht. Und das ist mega-schade, denn gerade die unaufgeregte, authentische Darstellung von Gender diversen Personen trägt dazu bei, dass die Gesellschaft toleranter und wohlwollender mit diesen Gruppen umgeht.
Wie beeinflussen soziale Medien die Geschlechtsidentität?
Und wie schauts in den sozialen Medien (SM) aus? Divers... literally. Zum einen spielen TikTok, Instagram usw. eine ganz wichtige Rolle, wenn es darum geht, die eigene Identität zu finden und zu leben. Auf der anderen Seite kann die SM-Community das Leben von Menschen, die von der Norm abweichen, auch zur Hölle machen.
Beginnen wir mit den negativen Punkten. Das Web ist leider ein anonymer Space, in welchem sich manche Individuen so richtig gern austoben – indem sie verbal austeilen. Manch eine:r denkt, im Netz ist alles erlaubt – quasi ein rechtsfreier Raum. Kein Problem also, fiese Kommentare zu hinterlassen oder abwertende Beiträge zu posten.
Für einen jungen Menschen, der gerade versucht, in der Welt den passenden Platz für sich zu finden und Allies braucht, ist das einfach nur verdammt übel. Es gibt genügend Beispiele von User:innen, die aufgrund von Cyberbullying Suizid begangen haben. Gerade die Themen Sexualität und Gender Identitiy sind unglaublich sensibel und mit ganz vielen Tabus beladen. Da tut jeder negative Kommentar richtig weh.
Fiese Kommentare hauen richtig rein. Wenn du merkst, dass deine mentale Gesundheit darunter leidet, solltest du dich entweder für eine Zeit von allen Kanälen abmelden oder du schaltest die Kommentarfunktion aus. Auch wenn es schwerfällt, tu es. Es gibt schon genug Leute, die daran kaputtgegangen sind.
Stereotypische Darstellungen in den SM
Natürlich finden sich auch in den SM ziemlich viele stereotype Darstellungen von Geschlechterrollen. Jungs/Männer stark, maskulin bis in die gestylten Haarspitzen, gehen ins Gym und sind sowas von brutal megacool. Mädchen/Frauen sind hingegen superschlank, superfeminin, interessieren sich für Kosmetik und Mode und Kinder. Dazwischen? Auf den ersten Blick nicht viel.
Solche stereotypen Inszenierungen sind für viele, die nicht in dieses Rollenbild passen, egal ob optisch, sozial oder mental, verunsichernd. Und seien wir mal ehrlich, so perfekt wie eine durchgestylte Social-Media-Personality ist im echten Leben eh keiner. Aber irgendwie bleibt was hängen. So ein leicht nagendes Gefühl von – da gehöre ich nicht dazu.
Gender diverse Menschen dürfte diese Inszenierung auch eher auf den Magen schlagen. Sie müssen ein wenig tiefer in den Algorithmus rein, um ihre Crowd zu finden. Es gibt sie, aber leider ist die Community noch nicht stark genug, um wirklich präsent zu sein. Da geht definitv noch mehr.
Social Media als Ally
Denn: die SM kann dabei helfen, mehr Toleranz in der Gesellschaft zu etablieren. Für viele junge User:innen ist das Netz ein perfekter Spielplatz, um sich auszuprobieren, zu zeigen und zu finden. Gerade, auch, wenn es um die eigene Identität geht. Je mehr Leute sich zeigen, wie sie wirklich sind, desto mehr entsteht ein Gefühl von Gemeinschaft. Außerdem stärkt es das Selbstbewusstsein ungemein, Teil einer Gruppe zu sein.
Die Bubble „Gender Diversity“ muss platzen und zu einer großen, weithin sichtbaren Gemeinschaft werden, damit sich etwas ändert. Nur so normalisieren sich „neue“ Eindrücke in den Köpfen der Leute, nur so gewöhnen sich unsere Mitmenschen an neue Konzepte, Sichtweisen und Realitäten.
Kanäle wie TikTok oder Instagram können dabei einen wichtigen Beitrag zu leisten. Wenn du auch denkst, ja, jeder so wie er mag und sich fühlt, dann like Beiträge mit Gender diversen Inhalten. Damit hilfst du, die Bubble zum Platzen zu bringen und eine neue Realität zu schaffen.
(Antidiskriminierungsstelle/HAWK/BCG/CHHI)