Insights ins Grundschullehramt
Früher Feierabend, viel mehr frei wegen den Ferien, Fun und nie Langeweile mit den Kindern – viele stellen sich den Lehrerberuf genau so vor, besonders an der Grundschule. Dort zu unterrichten muss doch einfach easy sein, oder? Oder?!
Um abzuchecken, ob das stimmt, welche Vor- und auch Nachteile es wirklich hat als Grundschullehrer:in zu arbeiten und wie der Berufsalltag so aussieht, haben wir dir hier nicht nur die Fakten zusammengefasst, sondern auch mit Raquel über ihren Job als Lehrerin an einer Grundschule gesprochen:
- Jobperspektive Grundschullehramt: Hard Facts
- Als Grundschullehrerin arbeiten: Insights in den Berufsalltag
Jobperspektive Grundschullehramt: Hard Facts
Vor allem in den 90ern war ein Lehramtsstudium recht beliebt: jede:r 12te Studierende hat damals irgendeine Art von Lehramt studiert. 2024 war es dann nur noch jede:r 8te. Dabei hätte man, v.a. aufgrund des derzeitigen Lehrer:innen-Mangels und den guten Chancen auf eine Verbeamtung, an einer Grundschule beruflich keine schlechten Karten.
Wir schauen uns für dich mal die Basics rund um den Job an: wie läuft das Studium ab, was verdienst du, hast du wirklich so viele freie Tage – und mehr:
Wie läuft das Studium ab?
Grundschullehramt studieren
- Studienbeginn: Wintersemester
- Regelstudienzeit: 7 Semester (mit Erweiterung 9)
- Voraussetzungen: Abitur; für Kunst, Sport und Musik muss oft vor dem Studium ein Eignungstest abgelegt werden
Je nach Bundesland und Universität können die genauen Studienabläufe natürlich etwas variieren, im Grunde enthalten aber alle die Bereiche: Grundschulpädagogik, Fachwissenschaft und -didaktik der ausgewählten Fächer, erziehungswissenschaftliche Grundkenntnisse, Gesellschaftswissenschaft und diverse Praktika.
Zum theoretischen Studienabschluss gibt es die erste Staatsprüfung, die du brauchst, um ins Referendariat zugelassen zu werden. Dort tastest du dich dann 2 Jahre lang, im sog. Vorbereitungsdienst, an den Lehrer:innen-Beruf ran, gibts selbst Unterricht etc., um danach dann in die zweite Staatsprüfung zu gehen, nach deren Bestehen du i.d.R. dann Beamte:r auf Probe bist.
Welcher Fächerkombinationen kannst du auswählen?
Deutsch und Mathe muss während des Grundschullehramtsstudiums jede:r belegen, das dritte Fach darf dann frei ausgewählt werden – bspw. Englisch, Kunst, Sachunterricht oder Ethik.
Später, nach dem Referendariat, kannst du dann an der Grundschule entweder die Klassenleitung übernehmen und deine 3 Fächer, manchmal sogar mehr, deiner eigenen Klasse beibringen oder fachspezifische:r Lehrer:in werden, also nur in einem Fach, aber dafür alle Klassen unterrichten. Sich auf ein Fach zu spezialisieren, bietet sich aber eher nur bei Kunst und/oder Musik an.
Wie viel verdienst du als Grundschullehrer:in?
Das Gehalt richtet sich immer nach deinem Qualifikationsstatus. Es fällt während der 2 Jahre Vorbereitungsdienst noch verhältnismäßig mau aus – nach der Verbeamtung verdienst du als Lehrkraft aber wirklich überdurchschnittlich gut:
- während des Referendariats (Beamte:r auf Widerruf/Probe): zwischen 1400,- und 1.700,- Euro brutto; im zweiten Referendariatsjahr steigt der Lohn i.d.R. etwas
- als verbeamtete:r Grundschullehrer:in (Beamte:r auf Lebenszeit): zwischen 3500,- bis 4700,- Euro brutto; mit steigender Berufserfahrung rutscht du auch immer wieder in höherer Besoldungsstufen
Je nach Bundesland unterscheiden sich die Gehälter - das gilt nicht nur fürs Referendariat, sondern auch für das Beamt:innen-Verhältnis. Mit am meisten verdienst du in Bayern und Brandenburg, am wenigsten derzeit im Saarland und in Sachsen.
Wirst du sicher verbeamtet und was bedeutet das genau?
Als Grundschullehrer:in wirst du in Deutschland zwar i.d.R. verbeamtet aber auch hier kann es je nach Bundesland Unterschiede geben. Die Voraussetzungen für eine Verbeamtung sind, dass du
- die deutsche Staatsbürgerschaft hast oder EU-Staatsbürger:in bist,
- für die im Grundgesetz verankerten Ordnungs- und Wertevorstellungen eintrittst,
- in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebst,
- den gesundheitlichen Eignungstest bestehst,
- und eventuell die vorgeschriebene Altersgrenze nicht überschreitest (je nach Bundesland).
Eine Verbeamtung bedeutet, dass du im öffentlichen Dienst tätig bist und als Beamte:r für den Staat arbeitest, also der Staat dein Arbeitgeber ist. Dadurch bist du unkündbar, hast steuerliche und andere Vorteile, wie bspw. Umzugskostenerstattung oder Krankenkassenbeihilfe, und bekommst später eine Pension anstatt die Rente. Im Gegensatz zur gesetzlichen Rente, ist der Betrag der Pension fest und du bist auch im Alter gut abgesichert.
Wie viele Urlaubstage hast du im Schnitt?
Im Schnitt haben Lehrer:innen, auch an Grundschulen, Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr. Schulferien sind für sie nicht arbeits-, sondern erstmal nur unterrichtsfrei. Viele Lehrpersonen nutzen diese Zeit für Korrekturen, Vorbereitungen, Planung und Orga – v.a. bei Schuljahreswechseln, also in den Sommerferien, finden vermehrt Lehrer:innen-Konferenzen statt.
Wer unterrichtet, hat also nicht unbedingt mehr freie Tage als Menschen mit regulärem Job. Grundschulleher:innen können ihren Urlaub aber nur in der Ferienzeit nehmen.
Ist ein Quereinstieg ins Grundschullehramt möglich?
Ja – ein Quereinstieg ist möglich. Dafür brauchst du kein Staatsexamen, musst aber eins der Fächer studiert haben, die an einer Grundschule angeboten werden und bei dem gerade ein Mangel besteht, derzeit sind das die MINT-Fächer, in manchen Regionen auch Kunst und Musik. Welche Fächer genau gebraucht werden, verändert sich immer mal wieder.
Je nach Bundesland, in dem du dann Lehrer:in werden möchtest, musst du einen mehrwöchigen bis mehrmonatigen Einsteigerkurs besuchen, danach dann, in den meisten Fällen, berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungsangebote wahrnehmen. Viele Schulen, die schon Quereinsteiger:innen beschäftigen, bieten auch Mentoringprogramme an, in denen Lehrkräfte, die Lehramt studiert haben, die Quereinsteigenden in den Job einführen, dabei unterstützen und betreuen.
Als Grundschullehrerin arbeiten: Insights in den Berufsalltag
Raquel Garcia ist gerade als Grundschullehrerin in Nordendorf, Nähe Meitingen, tätig – in einem Anpassungslehrgang, um sich ihr Lehramtsstudium aus Spanien und ihre dortige Berufserfahrung anerkennen zu lassen. Ihr jetzige Anstellung entspricht dem zweiten Jahr des Referendariats.
Wir haben uns mit ihr über ihren Beruf unterhalten, was sie daran motiviert, was genau ihre Aufgaben sind. Auch welche Eigenschaften jemand, der/die als Lehrer:in arbeiten möchte, mitbringen sollte und ob sie praktische Tipps für angehende Grundschullehrkräfte hat, haben wir Raquel gefragt:
Wolltest du schon immer Lehrerin werden?
Ja, meine größte Liebe sind Sprachen, also sie zu lehren, und mit Kindern zu arbeiten.
Was genau hast du studiert?
In Spanien habe ich Grundschullehramt studiert; in Deutschland dann Englisch und Spanisch.
Was macht dir am meisten an deinem Job Spaß?
Für uns als Lehrer:innen ist es am Schönsten, wenn wir sehen, dass die Kinder wirklich Fortschritte machen; etwas lernen, sich entwickeln.
Ich finde es sehr schön, wenn die Kinder etwas Neues lernen und sich dann richtig dafür begeistern; wenn sie dann das, was ich ihnen beibringe, auch anwenden können. Es ist richtig toll, wenn du siehst, wie es klickt.
Und du bekommst viel Wertschätzung von den Kindern. Du bist einfach deren Bezugsperson und das merkst du auch.
Was sind deine Aufgaben als Grundschullehrerin?
Ich bin Klassenlehrerin und unterrichte die drei Hauptfächer Deutsch, Mathe, HSU – und Englisch. Meine Aufgaben sind … viele: also alles, was die Schule an Extraveranstaltungen macht, z.B. Spendenaktionen, aber auch Nikolaus, Weihnachten, Fasching. Das muss ich dann immer mit den Kindern koordinieren. Und natürlich unterrichten: den Unterricht vorbereiten, korrigieren, die Stunde abhalten. Gerade arbeite ich 15 Unterrichtsstunden – und hab dann noch 2 Seminartage, wegen des Anpassungslehrganges.
Ich bin aber auch die Person, zu der die Kinder kommen können, wenn sie irgendwelche Probleme haben. Das sind Probleme zu Hause z.B. oder auch Lernschwächen, wie Lese-Rechtschreibschwächen oder andere Sachen. Deswegen bin ich auch sehr oft im Kontakt mit den Eltern- manchmal hilft das, manchmal nicht; manche Eltern sind netter, andere sind weniger nett.
Ich bin eigentlich die Ansprechperson für alles. Auch, wenn die Fachlehrer:innen irgendein Problem haben, dann kommen sie zu mir.
Was hast du dir davor vielleicht ‚leichter‘ vorgestellt?
Ich wusste nicht, wie schwierig und viel das Ref ist – da gibt es so viele Aufgaben, die du zusätzlich machen musst. Manchmal denkt man sich: ich würde einfach gerne meinen Job machen, meine Klasse unterrichten – aber da kommen noch so viele andere Sachen mit dazu.
Es sind zwar nur 15 Schulstunden, die ich gerade gebe, aber da kommt noch mehr dazu: vorbereiten, nachbereiten, die Seminartage. Und die ganze Extraarbeit, die wir vom Seminar kriegen, macht zwar Sinn, aber es ist richtig viel, bspw. Fachartikel lesen, Artikulationsshema erstellen, die Jahrespläne zu schreiben.
Ich hatte schon richtig Respekt vor einer Klassenleitung. Also ich hab mir nie gedacht, dass das ‚leicht‘ wird. Ich wusste schon, dass Lehrerin zu sein schwierig ist – vielleicht, weil ich schon länger mit dabei bin.
Ganz am Anfang habe ich gedacht, dass es mit kleineren Kindern einfacher wäre. Aber es ist einfach anders: Man muss viel mehr Anweisungen geben; sie können nicht gut alleine arbeiten. Dafür geben dir die jüngeren Kinder auch viel mehr Liebe zurück.
Welche Fähigkeiten oder Eigenschaften sollte jemand mitbringen, der/die Grundschullehrkraft werden möchte?
- Sehr geduldig sein, auch an den Tagen, an denen du selbst keine Geduld hast, musst du es schaffen dich ein bisschen zu regulieren. – Auch den Eltern gegenüber.
- Nicht nachtragend sein: es gibt Kinder, die dich wirklich nerven, aber die vergessen das sofort wieder und das solltest du auch versuchen.
- Grenzen setzen können: du musst auch mal sagen können ‚so funktioniert das hier nicht.‘
- Flexibel und spontan sein: du kannst nicht erwarten, dass der Unterricht genauso läuft, wie du es dir vorgestellt hast – das ist schwierig. Jede Klasse ist anders und jedes Kind ist anders; was bei dem einen funktioniert, funktioniert bei anderen halt gar nicht.
- Auch mal über dich selbst lachen können: du wirst mal Fehler machen und das ist in Ordnung. Die Kinder verstehen auch, dass du nicht alles kannst und nicht alle weißt.
Hast du Tipps für Einsteiger:innen?
Du kannst nicht allen gerecht werden und das ist auch in Ordnung.
Du brauchst deine Freizeit/ einen Ausgleich: nimm dir sehr viel Zeit für dich. Du kannst es immer besser machen, aber irgendwo musst du für dich eine Grenze setzen und auch mal sagen: Stop, ich mache jetzt den Sport, den ich gerne mache; ich treffe mich jetzt mit meinen Freund:innen; ich trinke jetzt in Ruhe einen Kaffee.
Hol dir Unterstützung und Hilfe bei Kolleg:innen, Seminarleiter:innen, Rektor:in: es ist wichtig sich mit dem Kollegium auszutauschen. Viele haben mehr Erfahrung als du und können dir wirklich helfen
Die Kinder lernen am Besten, wenn du auf ihre Fragen eingehst – auch, wenn das nicht direkt was mit dem Stoff zu tun hat. Weil, wenn sie etwas fragen, interessieren sie sich dafür.
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