Täuschungsmanöver?

Greenwashing – was ist das eigentlich?

Industrieanlage wird mit einem Pinsel grün gestrichen.
Industrien, die sich einen grünen Anstrich verpassen, schaden uns allen. (Foto: © BillionPhotos.com/stock.adobe.com)
Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein spielen eine immer größere Rolle. Besonders in der Wirtschaft werben immer mehr Unternehmen mit ihrem geringen CO₂-Fußabdruck. Was dahinter steckt, erzählen wir euch.
Montag, 19.05.2025, 12:00 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Greenwashing...irgendwie schon oft gehört. Und eine Idee, was dahintersteckt, hast du bestimmt auch. Wir wollen mit dir tiefer in das Thema einsteigen, denn Greenwashing betrifft dich tatsächlich mehr, als du eventuell gerade denkst. 

Was ist Greenwashing?

Seit einigen Jahrzehnten hat ein Großteil der Menschen, zumindest hier in der westlichen Welt, begriffen, dass unsere Natur fragil ist. Seit dem Beginn der Industrialisierung ist zwar unser Wohlstand erheblich gestiegen, allerdings auf Kosten der Umwelt. Abgase und Abwässer, besonders industrielle, haben schon hohe Schäden angerichtet.

Paradigmenwechsel für den Umweltschutz

In den 90er Jahren stieg das Bewusstsein für unsere Umwelt rasant. Das lag zum einen an der medialen Berichterstattung über Ölverschmutzungen durch Tankerhavarien und anderen Umweltkatastrophen, als auch an den zahlreichen internationalen Umweltkonferenzen, einige davon von den Vereinten Nationen durchgeführt.

Ganz besonders stach dabei die UN Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 heraus, bei der sich Staaten der Erde dem neuen Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung verpflichteten. Auch die EU übernahm Verantwortung für unseren Planeten und verabschiedete ein Umweltaktionsprogramm namens „Towards Sustainability“, in dem umweltpolitische Leitlinien und Ziele festgelegt wurden.

Mehr öffentliches Interesse an Umweltthemen

Seit dieser Zeit ist die Verschmutzung der Erde mit Müll, besonders mit Plastik und schädlichen Chemikalien, ein in der Öffentlichkeit und auch im Privatbereich viel diskutiertes Thema. Nicht ohne Grund. Insbesondere nicht abbaubare Kunststoffe haben sich zu einem massiven Problem entwickelt.

Es dauert mehrere tausende Jahre, bis sich manche Materialien endlich zersetzt haben. Müllberge überziehen vor allem in den ärmeren Ländern dieses Planeten die Landschaft. Um sie schneller loszuwerden, werden sie gerne, ziemlich umweltschädigend, verbrannt.

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Keine intelligente Lösung, denn schlussendlich wird damit die Ozonschicht noch deutlich mehr geschädigt. Das Thema Smog, entstanden durch die ganzen Autoabgase, kam ebenfalls in das Bewusstsein der Menschen. 

Was jahrzehntelang hingenommen wurde, führt bei vielen Verbraucher:innen zunehmend zur Ablehnung. Viele wollen die Schäden, die die Industrie verursacht, nicht mehr tolerieren. Sie beginnen vermehrt auf Umweltsiegel, biologische Anbauweise und Ähnliches zu achten. 

Industrie erfährt (Umwelt)druck

Das spüren wiederum auch die Konzerne. Das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit gewinnt auch für sie enorm an Relevanz. Und das nicht nur, weil Verbraucher dazu tendieren, eher umweltbewusst einzukaufen, sondern auch, weil die Politik immer mehr Auflagen für den Umweltschutz an die Industrie erteilt.

Setzt die Industrie die Forderungen von Politik und Verbrauchern nicht um, läuft sie Gefahr, hohe Strafen zahlen zu müssen bzw. Umsatz einzubüßen. Beides ist logischerweise nicht in ihrem Sinn. Außerdem entstehen erhebliche Imageschäden, wenn ein Konzern als Umweltverschmutzer gebrandmarkt wird. Und damit leiten wir elegant zur Definition von Greenwashing über.

Greenwashing bezeichnet das gezielte Marketing bzw. PR-Maßnahmen von Unternehmen, Organisationen, Dienstleistungen oder Produkten, bei denen umweltfreundliches oder nachhaltiges Handeln vorgetäuscht wird. Damit soll beim Verbraucher:innen ein „grünes Image“ erzeugt werden. Schlussendlich sollen umweltbewusste Konsument:innen gewonnen werden, um den Absatz zu steigern oder das eigene Ansehen zu verbessern

Fiese Sache. Es geht also wieder mal um Geld und Gewinn. Denn mit einem grünen Image lassen sich vor allem höhere Produktpreise generieren. Wer zahlt nicht gerne ein wenig mehr, hat dafür aber der Umwelt etwas vermeintlich Gutes getan?

Die Psychologie dahinter: „Grünes“ Image erzeugt Vertrauen und Loyalität. Neben der Imageverbesserung und der Steigerung von Umsätzen hilft Greenwashing auch, um regulatorischen Druck zu umgehen - wie bereits erwähnt, auch die Politik, insbesondere die Anforderungen der EU, macht den Konzernen zu schaffen. Ein wenig Schummeln hilft da, alle Regularien oberflächlich einzuhalten und gut dazustehen. Nice.

Was gehört alles zu Greenwashing?

Dieses Täuschungsmanöver kann dir in vielen Varianten über den Weg laufen. In deinem Alltag wird es dir am häufigsten beim alltäglichen Einkaufen begegnen.

Schau dir mal die Produkte in deinem Warenkorb genau an. Recht oft wirst du ein Siegel, eine Aufschrift oder ein Umweltzertifikat finden, welches die besondere Umweltfreundlichkeit des Produktes hervorheben. Da stehen Begriffe wie „natürlich“, „umweltfreundlich“, „grün“ oder „klimaneutral“. Klingt doch erstmal ganz gut, oder?

Sicher, aber was bedeuten sie konkret? Wer hat sie vergeben? Wofür? Du siehst, solche unkonkreten oder vage Kennzeichnungen sagen erstmal gar nichts aus. Ohne weitere Erklärung sind sie mitnichten ein Hinweis auf die Nachhaltigkeit.

Eher im Gegenteil. Sie können schlichtweg erfunden sein. Bei irgendwelchen Siegeln oder Zertifikaten lohnt sich daher immer ein zweiter Blick, denn jede:r gute Grafiker:in kann innerhalb kürzester Zeit ein nices Nachhaltigkeitslogo erstellen – ohne dass dahinter eine unabhängige Prüfstelle oder Instanz steht.

Formen von Greenwashing 

Niemand verbietet es, auf einem Stück Butter ein Logo anzubringen, mit der Aussage: „Von glücklichen, auf Brandenburger Wiesen frei laufenden Kühen mit Liebe hergestellt“. Und auf der Verpackung obendrauf noch ein Logo mit dem Wort „Klimaneutral“. Perfekt. Bei Verbraucher:innen muss damit der Eindruck entstehen, dieses Produkt ist nachhaltig. Dass die Kühe irgendwo den ganzen Tag im Stall stehen und alles andere als liebevoll behandelt werden, rückt dabei schön in den Hintergrund. 

Manche Unternehmen benutzen offizielle anerkannte Umweltzertifikate, die eigentlich keine Aussagefähigkeit in Bezug auf das verkaufte Produkt besitzen. Beispiel: Ein Raffinerie-Unternehmen bietet für seine Mitarbeiter Fahrradparkplätze an. Das ändert nichts an der Umweltschädlichkeit seiner Produkte und Handlungen.

Sehr gerne nutzen Unternehmen auch die Bildsprache. Zum Beispiel schöne Naturbilder, wie grüne Bäume, Wiesen und glückliche Tiere. Auch das erweckt bei Konsument:innen den Eindruck, dass etwas umweltfreundlich ist – im Zweifelsfall ohne es tatsächlich zu sein

Eine andere fiese Nummer: einfach mal wichtige Dinge verschweigen. Etwa, wenn ein Ölkonzern seine CO₂-Kompensation deutlich betont, allerdings dezent verschweigt, welche massive Umweltverschmutzung er verursacht. Oder ein Modelabel, das zwar Bio-Baumwolle verwendet, allerdings irgendwo im asiatischen Raum Kinder ihre Kleidungsstücke nähen lässt und heftigste Chemikalien zum Färben einsetzt. 

Es gibt übrigens auch das genaue Gegenteil, nämlich Greenhushing. Hier versuchen Unternehmen möglichst wenig von all ihren tatsächlichen Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit nach Außen zu tragen, aus Angst, dass ihnen bei der Vermarktung Greenwashing vorgeworfen wird.... Sachen gibt’s. 

Greenwashing kommt übrigens in so gut wie allen Wirtschaftsfeldern vor.

  • Hotels werben mit ihrer Nachhaltigkeit, weil sie die Handtücher nicht jeden Tag wechseln
  • im Finanzsektor werden „grüne Konten“ angeboten
  • Reiseanbieter:innen versprechen nachhaltiges Reisen, weil sie auch die Anreise per Zug und Bus im Programm haben
  • Friseur:innen setzen auf umweltschonende Produkte und nennen sich dann Bio-Coiffeur

Manche dieser Versprechungen sind bei näherer Betrachtung ziemlich aufgebauscht und den Namen nicht wert. Andere hingegen betreiben tatsächlich echte Umweltbemühungen und nicht bloß reine Imagepflege. Genaues Hinsehen lohnt sich also. 

Welche Produkte sind Greenwashing?

Typische Branchen, in denen Greenwashing recht häufig vorkommt, sind: 

  • Modeindustrie: beispielsweise erfundene Material-Zertifikate oder Umweltsiegel, oder sogenannte „conscious collections“ von Fast Fashion Unternehmen
  • Energiekonzerne: werben mit grünen Produkten ("grüner Strom") – wobei das Angebot an fossiler Energieherstellung überwiegt
  • Automobilbranche: Werbung für umweltfreundliche Fahrzeuge – was ein Widerspruch in sich ist, denn selbst E-Modelle schaden der Umwelt durch den Abbau seltener Erden und den Einsatz von Chemikalien massiv
  • Lebensmittelbranche: zum Beispiel Massentierhaltung und dennoch mit Nachhaltigkeit werben, z. B. Eier aus Bodenhaltung – auch diese Hühner leiden unter Stress und Enge 
  • Finanzbranche: Angebot nachhaltiger Fonds mit Beteiligung an umstrittenen Unternehmen

Wie kannst du Greenwashing erkennen?

Vielleicht fragst du dich jetzt, wie du Greenwashing erkennen und umgehen kannst? Oder auch einfach nur, warum dich das überhaupt interessieren sollte?

Zur ersten Frage lautet unser bester Ratschlag: Hinterfrage jede Werbeaussage kritisch. Schau dir an, welche Siegel und Umweltzertifikate wirklich anerkannt sind und was sie konkret aussagen. Lass dich beim Einkaufen nicht von hübschen Bildchen oder Slogans einlullen. Auf der Seite des Umweltbundesamts findest du eine Liste mit allen vertrauenswürdigen Labels in Deutschland und wofür sie stehen.

Wir haben für dich noch einmal alle Fragen und Hinweise zusammengefasst, die dir helfen können, Greenwashing zu erkennen:

  • Vage Begriffe hinterfragen: Begriffe wie „grün“, „nachhaltig“, „natürlich“, „umweltfreundlich“ sind oft nicht rechtlich geschützt. Gibt es klare Belege?
  • Transparenz prüfen: Werden konkrete Zahlen genannt? Wie viel % des Produkts ist wirklich recycelt oder Bio?
  • Siegel checken: Ist das Siegel offiziell (EU Ecolabel, FSC, Fairtrade) oder ein eigenes „Pseudolabel“ der Firma?
  • Gesamtunternehmen anschauen: Verhält sich das gesamte Unternehmen nachhaltig oder nur bei einzelnen Produkten?
  • Greenwashing-Datenbanken nutzen: Websites wie CodeCheck, Utopia.de oder Fair Finance Guide helfen bei der Einschätzung.

Nun zur zweiten Frage: Und warum solltest du überhaupt etwas tun wollen? Das lässt sich ziemlich schnell beantworten: Greenwashing hat ernsthafte Konsequenzen für die Umwelt! Und nicht nur die, sondern im Endeffekt auch für unsere Wirtschaft und Gesellschaft. 

Hier sind die wichtigsten Gründe, warum du dich von Greenwashing distanzieren solltest:

  • Verzögerung oder sogar Verhinderung echter Veränderungen: Wenn Verbraucher:innen glauben, sie unterstützen bereits nachhaltige Unternehmen, sinkt der Druck auf Politik und Wirtschaft, wirklich notwendige Veränderungen umzusetzen.
  • Schädigung von Umwelt und Klima: Durch Greenwashing klimaschädliche Produkte in den Verkehr zu bringen – etwa „grünes“ Kerosin bei Fluglinien oder „klimaneutrale“ SUVs – führt direkt zu weiteren Umweltschäden.
  • Verzerrung des Wettbewerbs: Echte nachhaltige Unternehmen werden massiv geschädigt und übertrumpft. Sie investieren oft mehr Zeit und Geld in umweltfreundliche Praktiken oder Produkte und können im Wettbewerb nicht mit billigeren Konkurrenten mithalten.
  • Täuschung und Vertrauensverlust: Verbraucher:innen treffen Entscheidungen auf Basis von Werbeaussagen. Merken sie, dass sie getäuscht wurden, geht generell das Vertrauen zu grünen Produkten zurück, was am Ende auch nachhaltige Unternehmen beeinträchtigt.

Greenwashing bremst den nachhaltigen Wandel. Hier steht mal wieder die Gier des Menschen im Vordergrund. Nach dem Motto: Nach mir die Sintflut. Daher ist es sehr gut, wenn Umweltorganisationen oder Verbraucherzentralen den Schwindel aufdecken. Das Gleiche kannst du auch im Kleinen tun. Hingucken und kritisch hinterfragen, mehr braucht es nicht, um die Täuschung aufzudecken. 

Was du noch tun kannst: 

  • Weniger, dafür besser kaufen – z. B. Secondhand-Kleidung statt grüner Fast Fashion
  • Reparieren & teilen statt neu kaufen – z. B. Repair Cafés oder Tauschbörsen nutzen
  • Nachhaltige Marken unterstützen, die transparent und unabhängig zertifiziert sind

(Deutsche Umwelthilfe/BMUV/GreenPeace/Umweltmission/CHHI)

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