Diagnose Multiple Sklerose – und jetzt?
Eine MS-Diagnose wirft erstmal viele Fragen auf: was bedeutet das genau? Welche Symptome können auftreten? Und wie geht’s jetzt weiter? Genau damit bist du nicht allein, denn in Deutschland leben über 280.000 Menschen mit Multipler Sklerose, weltweit sind es ca. 2,8 Millionen!
Die gute Nachricht: dank moderner Therapien und guter medizinischer Versorgung lässt sich der Verlauf heute oft gut beeinflussen. Mit dem richtigen Wissen und einer individuell angepassten Behandlung kannst du dein Leben weiter aktiv gestalten – Studium, Beruf und Freizeit inklusive.
In unserem Artikel geben wir dir Infos zu den folgenden Punkten:
- Definition von MS,
- Erste Anzeichen und häufige Symptome,
- Verlauf,
- Einfluss auf die Lebenserwartung,
- Behandlungsmethoden und
- Tipps zum Leben mit MS.
Was genau ist Multiple Sklerose?
Multiple Sklerose (kurz MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. Dein Immunsystem greift fälschlicherweise die Schutzschicht der Nervenfasern (das sog. Myelin) an. Dadurch werden Nervenimpulse langsamer oder auch gar nicht mehr weitergeleitet. Das kann sehr unterschiedliche Symptome auslösen.
Short facts zur Häufigkeit:
- Jährlich wird bei über 15.000 Menschen MS neu diagnostiziert.
- Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer.
- Die Erkrankung wird normalerweise zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt.
Die Ursachen von MS sind noch nicht vollständig geklärt, aber die Forschung kennt schon folgende Risikofaktoren:
- Fehlreaktionen des Immunsystems: der Körper greift sein eigenes Nervengewebe an.
- Genetische Veranlagung: MS selbst ist nicht direkt erblich, aber eine gewisse „Neigung“ kann weitergegeben werden.
- Umweltfaktoren: Infektionen in der Kindheit, Vitamin-D-Mangel, Ernährung oder Rauchen könnten das Risiko erhöhen.
Long story short: MS ist multifaktoriell. Obwohl es zu dem Thema schon mega viel Forschung gibt, steht die Wissenschaft hier gefühlt noch am Anfang und muss noch wahnsinnig viel herausfinden.
Erste Anzeichen und häufige Symptome von MS
Wenn man MS googelt, findet man öfter die Bezeichnung „Krankheit mit den 1.000 Gesichtern“ und das trifft es eigentlich ziemlich gut: jede Person hat einen anderen Verlauf und die Symptome hängen davon ab, welche Nerven betroffen sind.
Häufige Anzeichen sind:
- Sehstörungen wie verschwommenes Sehen, Doppelbilder oder kurzzeitiger Sehverlust
- Gefühlsstörungen wie Kribbeln, Taubheit oder ein „Ameisenlaufen“ in Armen, Beinen oder Gesicht.
- Motorische Störungen wie Schwäche oder Lähmungen, vor allem in den Beinen oder Armen, sowie unkontrollierte Muskelbewegungen.
- Gleichgewichts- und Koordinationsprobleme (Ataxie).
- Fatigue, also eine chronische, extreme Erschöpfung, die nicht durch Schlaf verschwindet.
- Probleme mit Blase und/oder Darm.
- Kognitive Probleme wie Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit oder der Konzentration.
- Psychische Veränderungen wie Stimmungsschwankungen, Depressionen oder eine verminderte Fähigkeit, Emotionen zu kontrollieren.
Wichtig: diese Symptome können auch andere Ursachen haben! Wenn du unsicher bist, mach einfach mal einen Termin beim Neurologen aus und lass dich untersuchen.
Was viele überrascht: die Symptome kommen oft schubweise. Ein Schub kann ein paar Tage oder Wochen dauern und bessert sich dann teilweise oder vollständig. Das kann verunsichern, heißt aber auch, dass nicht jede Einschränkung bleibt!
Verlauf von MS
Wie bereits erwähnt, gibt es bei MS nicht den einen, typischen Verlauf, sondern es ist wirklich sehr individuell. Grundsätzlich unterscheidet die Wissenschaft aber zwischen vier Hauptformen, die wir dir jetzt kurz erläutern:
- Schubförmige MS*: das ist die häufigste Form, etwa 85 Prozent starten so. Schübe wechseln sich mit Erholungsphasen ab.
- Sekundär progrediente MS*: bei manchen verschlechtert sich die Krankheit nach einigen Jahren langsam, auch ohne neue Schübe.
- Primär progrediente MS: selten, nur etwa 10 Prozent haben von Anfang an einen langsamen, stetigen Verlauf ohne Schübe.
- Fulminante MS: das ist die schwerste Form, die allerdings zum Glück extrem selten ist. Sie zeichnet sich durch einen schnell fortschreitenden Krankheitsverlauf mit schlimmen Schüben aus.
*: Ein progredienter Verlauf bei MS heißt grundsätzlich, dass sich die Krankheit kontinuierlich, also ohne Schübe und ohne Rückbildung von Symptomen verschlimmert. Hierbei nehmen Schäden am Nervensystem und damit die Beeinträchtigungen zu.
Tipp: Je früher du eine passende Therapie startest, desto besser lässt sich i.d.R. auch der Verlauf beeinflussen.
Hat MS einen Einfluss auf die Lebenserwartung?
Früher ging man davon aus, dass MS die Lebenserwartung deutlich verkürzt. Heute weiß man, dass Menschen mit der Krankheit fast genauso lang wie Menschen ohne die Krankheit leben. Moderne Medikamente, gezielte Therapien und ein gesunder Lebensstil machen hier den entscheidenden Unterschied. Die Prognose ist aber natürlich stark abhängig vom individuellen Verlauf der Krankheit.
Faktoren, die die Lebenserwartung beeinflussen können, sind:
- Therapien: moderne, effektive, verlaufsmodifizierende Therapien verbessern die Prognose und steigern die Lebenserwartung.
- Krankheitsverlauf: die meisten Menschen haben einen schubförmigen Verlauf (siehe oben) mit guter Prognose. Schwere Verläufe sind zum Glück deutlich seltener!
- Begleiterkrankungen: eine gute Behandlung der möglichen Begleiterkrankungen wie z. B. Depressionen kann die Lebensqualität und damit die Lebenserwartung wirklich deutlich verbessern.
- Individuelle Faktoren: ein früher Krankheitsbeginn und eine geringe Anzahl an Symptomen sprechen grundsätzlich für einen günstigeren Verlauf und damit eine höhere Lebenserwartung.
Behandlung: Was heute alles möglich ist
Eine Heilung von MS gibt es bisher leider nicht, aber die Behandlung ist heute so individuell wie effektiv. Sie verfolgt dabei vorwiegend diese drei Ziele:
Schubtherapie, um akute Schübe zu behandeln
Meistens kommt eine hoch dosierte Kortison-Stoßtherapie zum Einsatz, damit die Entzündung schneller abklingen kann. Hier wird über einige Tage Kortison intravenös verabreicht, um die Entzündungsreaktion zu dämpfen.
Wenn das nicht hilft oder in schweren Fällen, kann eine Plasmapherese sinnvoll sein. Das ist eine Art Blutwäsche, bei der entzündungsfördernde Bestandteile aus dem Blut entfernt werden.
Verlaufsmodifizierende Therapie, um den Verlauf zu bremsen
Durch diese Therapie soll das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt und die Häufigkeit und Schwere der Schübe reduziert werden.
Typisch sind:
- Immunmodulatoren wie Beta-Interferone oder Glatirameracetat: Sie beeinflussen das Immunsystem, um die chronische Entzündung zu hemmen.
- Moderne Medikamente wie monoklonale Antikörper oder orale Präparate, die die Krankheit verlangsamen können.
- Immer mehr personalisierte Ansätze, abgestimmt auf deinen individuellen Verlauf.
Symptomatische Therapie, um Symptome zu lindern
Oft geht’s nicht nur um die Krankheit selbst, sondern auch um ihre Begleiterscheinungen. Durch die Linderung spezifischer Symptome kann die Lebensqualität erheblich verbessert werden.
Dazu zählen zum Beispiel:
- Physiotherapie für Gleichgewicht und Beweglichkeit
- Medikamente gegen Schmerzen oder Fatigue
- Ergotherapie oder Logopädie
- Energiemanagement-Programme oder Achtsamkeitstraining
Der beste Ansatz: individuell statt „one fits all“
Den einen besten Wirkstoff gegen MS gibt es nicht. Die richtige Therapie ist abhängig von deinem Verlauf, deinen Symptomen und deinem Lebensstil. Oft gibt es eine Kombination, die den Unterschied macht: Akuttherapie, langfristige Immuntherapie, gezieltes Symptommanagement plus (und das ist ganz wichtig!) ein gesunder Lebensstil. Bewegung, Ernährung, guter Schlaf und wenig Stress können deinen Körper zusätzlich stärken.
Leben mit MS: Tipps für Studis & Young Professionals
Eine MS-Diagnose ist heftig, aber sie muss nicht dein Leben bestimmen. Hier ein paar Dinge, die dir helfen können:
- Informier dich: je mehr du über MS weißt, desto selbstbestimmter kannst du handeln. Aber Achtung, lass dich bitte nicht durch einzelne Horror-Storys oder Dr. Google verrückt machen!
- Hol dir Support: Austausch mit anderen Betroffenen, ob online oder in Selbsthilfegruppen, kann extrem entlasten.
- Sprich offen, wenn du willst: ob bei der Uni, im Job oder im Freundeskreis. Du entscheidest, wie viel du teilen möchtest. Wenn du dich mit deinen Leuten sicher fühlst, dann rede mit ihnen. Das kann dich entlasten, weil du dann kein Geheimnis mit dir rumtragen musst und deine Mitmenschen dich oder deine Symptome besser verstehen können.
- Achte auf dich: Bewegung, Ernährung, Schlaf und Stressmanagement machen oft einen großen Unterschied!
(AOK/dmsg/KSW/msges/Pflegebox/Trotz MS/Universitätsspital Zürich/SAHO)