Erfahrungen

Wie ist ein Erasmus-Auslandssemester in Großbritannien?

Blick von aus der Vogelperspektive auf Swanseas Küste mit den Gebäuden der University of Snwansea.
Die University of Swansea, Wales, liegt direkt am Meer. Schöne Location für ein Auslandssemester, was? (Foto: ©stock.adobe.com leighthon collins)
In Großbritannien ein Auslandssemester machen? Was erlebt man dort, was lernt man? Wir haben mit Taimi über ihr Auslandssemester in Swansea gesprochen.
Dienstag, 19.09.2023, 14:30 Uhr, Autor: Sandra Lippet

Taimi Schalle hat ihr Auslandssemester in Swansea, Wales, gemacht – und das während ihres Anglistik-Masters. Weil ihr Schwerpunkt in der Literaturwissenschaft lag, hat sich das gleich doppelt gelohnt. Im Gespräch mit uns, erzählt sie von ihren Erwartungen, Highlights und den Dingen, die sie lieber davor gewusst hätte.

Wie bist du darauf gekommen in Großbritannien und dann genau in Swansea dein Auslandssemester zu machen?

Das hat eigentlich immer schon ganz gut zum Studienfach gepasst – in der Anglistik, also in meinem Master, noch mehr als in meinem Bachelor, bei dem ich auch noch Germanistik hatte. Und ich hab das dann umgesetzt, weil es sich in dem Moment angeboten hat und ich das Bedürfnis hatte nochmal wegzugehen, bevor die Studienzeit vorbei ist.

Für Swansea hab ich mich entschieden, weil es nicht mehr so viel Auswahl gibt, wenn man im Master Erasmus macht und, weil Freund:innen von mir davor schon dort waren und total begeistert waren – und ich mir dachte, dann probiere ich das auch mal aus.  

Was waren deine Erwartungen an ein Semester in Wales? Und haben sie sich erfüllt?

Ich hatte Berichte von den Freund:innen, die sich total in das Land verliebt hatten und das Studieren dort sehr angenehm fanden. Ich selbst war gespannt, wie es ist an der britischen Uni zu sein, weil die Unis einen gewissen Ruf haben, nämlich einfach gute Unis zu sein.

Und ansonsten war ich davor schon mal in England. Ich war gespannt wie es ist in einem anderen Teil von Großbritannien mal längere Zeit zu verbringen und das hat sich auch bewahrheitet. Die Storys von den Freund:innen waren absolut wahr: Es ist ein tolles Land, die Leute sind total herzlich, man fühlt sich da super schnell willkommen.

Ja, was das Studieren anging: da war das Master-Level, das wir in Augsburg hatten, nochmal einen Tick höher – als das jetzt in Wales der Fall war; zumindest in den Literaturwissenschaften. Das war auch eine ganz interessante Erfahrung. 

Sind die Noten im Auslandssemester wichtig? Ist es schwieriger, in Großbritannien zu studieren?

Das ist ein bisschen gemischt. In Großbritannien haben sie ein System, in dem du bis zu 100 Punkte erreichst und ab ca. 75 Punkten ist es eine 1,0 – auch merkwürdig, zumindest in der Umrechnung.

Insgesamt war aber das Level viel oberflächlicher als bei uns und auch die Abschlussarbeiten in den Seminaren waren für den Master viel kürzer als bei uns. Das heißt für mich war das erstmal einfacher; aber innerhalb dieser Arbeit eine 1,0 zu kriegen war nicht so leicht.

Es wurde dann schon ziemlich kritisch draufgeschaut. Aber eine 1,3 -2,3 zu kriegen war, glaub ich, für die meisten deutschen Studierenden kein Problem, wenn sie da ein bisschen Arbeit reingesteckt haben. Von daher war das ganz cool.

Ich glaub, man sollte halt immer beachten, dass man irgendeine Note im Auslandssemester machen muss. Wenn man gar keine Prüfung ablegt und einbringt, dann ist das immer bürokratisch ein bisschen blöd. 

Es ist wichtig zu sich selbst zu sagen: „Ja, okay, ich will jetzt nicht meinen Schnitt ruinieren – durch so eine Note“.

Taimi Schalle, über die Benotung im Auslandssemester

In Großbritannien ist es ein ganz anderes System bei der Benotung und ein anderer Fokus in der Lehre. Für mich war es leichter, für andere sieht das dann vielleicht wieder anders aus. 

Was genau hast du im Auslandssemester gelernt?

Es lohnt sich immer auf Leute zuzugehen und einfach ein Gespräch anzufangen, zu fragen, was so los ist – auch mal wirklich um Hilfe zu bitten. Das ist natürlich im Ausland, wenn man dort komplett neu ist, immer etwas, bei dem man selber so ein bisschen über die eigenen Grenzen hinausgehen muss.

Das ist definitiv etwas, was ich da üben konnte und zumindest in Wales hatte ich damit nur positiv Erfahrungen: mit Mitbewohnern, wie man ein Zimmer findet oder an der Uni mal neue Leute was fragen – und dann war man Teil der Gruppe und das hat echt gut funktioniert. Auch als wir im Land unterwegs waren, waren die Leute sehr hilfsbereit. Man musste eigentlich nur auf sie zugehen und das war eigentlich echt eine gute Erfahrung.

Mein Englisch war damals schon ziemlich gut – wenn man dahingeht und das Englisch eben schon so flüssig ist, dann hat man natürlich auch schon einen Vorteil – und in Wales kommt ja noch dazu, dass Walisisch auch eine Sprache ist, die gesprochen wird. Man trifft dann auf eine schöne Mischform.

Ich hab auch Einblick die walisische Literatur bekommen, die bei uns nur sehr selten und reduziert gelehrt wird, eine sog. kleine Literatur, die meistens hinter der Englischen zurückstecken muss. Außerdem habe ich eine ganz andere Studierendenkultur kennengelernt – geprägt von Societies und Mannschaftssport. 

Was waren deine Highlights im Auslandssemester? Was hat dir am meisten Spaß gemacht?

Meine Highlights hatten ganz viel mit den Leuten zu tun, die ich kennengelernt hab. In der ersten Woche gab es für die Erasmus-Studierenden so eine Art Welcome Week – da habe ich super viele Leute aus ganz Europa kennengelernt, teilweise auch aus Asien und das war wirklich das, was den Aufenthalt so getragen hat: 4-5 Monate lang mit neuen Leuten ein neues Land entdecken.

Und generell in Wales: der Strand, das Meer, die Klippen – das ist einfach toll. Also danach sehne ich mich manchmal immer noch, weil es einfach eine super Erfahrung war.

Einfach mal in Swansea aus dieser deutschen Ernsthaftigkeit des Studierens ausbrechen zu können. Und eine Uni am Strand ist einfach spitze!

Taimi Schalle, über ihre Highlights im Auslandssemester

Im Erasmus ist der Fokus schon ganz klar auf das Vernetzen gelegt: „Ja ich mach da meine 1-2 Kurse, aber ich bin hauptsächlich für die Leute und die kulturelle Erfahrung da“. Wir durften gar nicht mehr als 2 Kurse belegen – so ein richtig volles Semester kriegst du da als Austauschstudent:in einfach gar nicht hin. Und das gibt natürlich viel Zeit, einfach zu reisen und sich umzusehen – und das ist super.

Hast du dich gut sozial connecten können und hast du noch Kontakt zu den Leuten, die du dort kennengelernt hast?

Ich hab eine Handvoll Freunde, die ich über das Erasmus-Programm kennengelernt habe, mit denen ich mich immer noch austausche und mit denen ich versuche, mich immer wiederzutreffen. Wir sind seit Jahren in regem Kontakt, würde ich sagen – auch, wenn da manchmal Zeitzonen dazwischenliegen. Das war ein ganz toller Gewinn. 

Ich hatte damals ein House-Share, das ich mir über Facebook gesucht hatte. Und das waren Einheimische, das waren wirklich Leute aus Swansea, das waren Waliser – und mit denen habe ich immer noch über Social Media Kontakt und es steht immer noch im Raum, dass ich sie mal wieder besuchen komme. Das war wirklich ein Glücksgriff, weil andere Freunde von mir jetzt nicht mehr unbedingt Kontakt zu ihren Mitbewohner:innen aus dem Ausland haben.

Hast du Tipps für Studierenden, die auch ins Ausland, nach Großbritannien, wollen? Welche Infos hätten dir vor deinem Auslandsaufenthalt geholfen?

Wenn man sich darauf vorbereitet, ist es schon mal gut zu wissen, dass House-Shares in Großbritannien ganz oft von dubiosen Firmen vermittelt werden, die schimmelnde Häuser an Studierende vermieten wollen – von daher lohnt es sich vorher über irgendwelche Unigruppen, Schwarze Bretter und die sozialen Medien zu gehen, um ein Zimmer zu finden. So hängt man da vielleicht nicht ganz so in diesem System fest und kann Glück haben, ein angenehmeres Zimmer mit anderen Leuten zu finden.

Ansonsten, wenn man da ist: geht unbedingt in eine Society, also in eine Studierendengruppe – da gibt es fast alles: von jeder Sportart bis hin zu irgendwelchen Leuten, die häkeln, oder Harry Potter toll finden und Quidditch spielen oder auch einfach nur gerne zusammen Filme gucken. Ich war zum Beispiel im Chor – das lohnt sich immer, weil man darüber wirklich mehr von den einheimischen Studierenden kennenlernt und so in ein soziales Netz eingebunden wird.

Und ganz, ganz viel von dem Studierendenleben läuft über solche Societies ab. Weil nach den Uni-Kursen sitzt man nicht mehr zusammen irgendwo im Café, da gab es nicht so das Gemeinschaftsgefühl. Richtige Gemeinschaft gab es wirklich über diese Hobby-Gruppen. Von daher sollte man sich dort auf jeden Fall einbringen, wenn man Teil der Studierendenschaft sein möchte. 

Ansonsten, was ich gerne vorher gewusst hätte, waren so bürokratische Sachen: Wie läuft das mit der Anrechnung genau ab? Wie sehr hängt das von bestimmten Dozierenden ab, die das dann abnicken oder eben nicht?

Man kann Erasmus auch, jedenfalls, wenn man es im Master studiert, steuerlich absetzen. Das wusste ich vorher auch nicht. Und da gab es von der Uni auch kein großes Infopaket – das hat man sich dann einfach so nebenher rausgesucht. Aber das ist ja für manche echt eine wichtige Info. 

Finanziell kam ich ganz gut hin, mit dem Erasmus-Stipendium und dem Auslands-BAföG. Es gibt auch einen Tagessatz für die Verpflegung in Großbritannien und der ist auch gar nicht so gering. Also kann man da schon auch nochmal steuerlich einiges rausholen hinterher.  

Tipp! Denkt schon im B.A. über ein Auslandssemester nach – dort gibt es eine viel größere Auswahl an Partner-Unis und Austauschmöglichkeiten. Und versucht gleich Studierende zu finden, die vorher schon mal an der Uni waren, zu der ihr gehen wollt, um ihnen all eure Fragen zu stellen.

(Taimi Schalle/SALI)

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