Kunst & Fotografie

Fotokunst von Daido Moriyama im C/O Berlin

Die Plakate der drei aktuellen Ausstellungen im C/O Berlin.
Aller guten Dinge sind drei: Denn momentan könnt ihr im C/O Berlin drei sehr interessante Ausstellungen besuchen. (Foto: © Fabian Wesp)
Im C/O Berlin läuft gerade eine Ausstellung, die sich Freund:innen der Fotografie nicht entgehen lassen sollten. Ich war dort – und erzähle euch wieso.
Montag, 26.06.2023, 14:30 Uhr, Autor: Fabian Wesp

Aller guten Dinge sind drei: Denn momentan könnt ihr im C/O Berlin drei sehr interessante Ausstellungen besuchen. Die Hauptausstellung zeigt Werke des Fotografen Daido Moriyama. Dieser war seiner Zeit weit voraus, provozierte und setzte Trends in der Szene. Selbst heute wird er noch als einer der ganz großen Fotografen der letzten 60 Jahre gefeiert.

Neben Moriyamas Fotografien könnt ihr die Kunstwerke und Illustrationen von Farah Al Qasimi und Jochen Lempert in den kleineren Ausstellungsbereichen bestaunen. Auch sie sind es definitiv wert, gesehen zu werden.

Street Photograpy von Daido Moriyama

Street Photography erlebt zurzeit wieder eine Renaissance. Selbst, wenn sie so gehypt und praktiziert wird, ist sie nichts im Vergleich zu Moriyamas Werken. Denn seine Kunst ist Street Photography der ersten Stunde.

Die Ausstellung Retroperspective im C/O Berlin

In der Ausstellung Retroperspective präsentiert das C/O Berlin neben rund 250 Arbeiten und raumgreifenden Bildinstallationen auch zahlreiche noch nie zuvor ausgestellter Fotobücher und Magazine des Fotoartists Daido Moriyama. 

Dabei ist die Ausstellung Retroperspective unterteilt in zwei Schaffensphasen: Zum einen sieht man die Retrospektive von Moriyamas frühen Serien für japanische Zeitschriften, seiner Jahre auf Reisen oder die elektrisierenden Experimente im Provoke - Magazin.

Cover der ersten Ausgabe des Provoke Magazines.
Die erste Ausgabe des Provoke-Magazins, das seinerzeit wirklich sehr provozierend war. (Foto: © Fabian Wesp)

Das Ganze ist dabei verdammt avantgardistisch und hat eine einzigartige, düstere Ästhetik: unscharfe und körnige Schwarzweißfotografien mit ungewöhnlichen Bildbeschnitten, die unter der Maxime „are, bure, boke“ (körnig, verwackelt, aus dem Fokus) stilprägend für eine ganze Generation wurden. 

Der zweite Ausstellungsteil setzt nach einer kreativen Schaffenskrise Moriyamas von fast 10 Jahren an: seit den 1980er Jahren erforscht er das Wesen der Fotografie und dabei auch sich selbst. Alles in allem wirkt dieser Teil der Ausstellung wie eine visuell-lyrische Reflexion über Realität, die eigene Erinnerung und die Städte, die er bis heute bereist hat und deren Straßen er ablichtet. 

Welche Motive hat Moriyama abgelichtet?

Moriyamas Bilder dokumentieren pointiert das Aufeinanderprallen von japanischer Tradition und Verwestlichung des Landes, die infolge der amerikanischen Militärbesatzung, nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg zur Alltagsrealität der japanischen Bevölkerung wurde. 

Seine Bilder spiegeln nicht nur die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse eines Nachkriegsjapans wider, das sich zwischen traditionellen Werten und Moderne bewegt, sondern analysieren auch die mit der Verwestlichung einhergehende Konsumgesellschaft.

Foto eines Kunstwerks von Moriyma. Ein Autounfall.
Ein Autounfall, den Moriyama im Zuge seiner Fotoreihe „Accident“ veröffentlichte. (Foto: © Fabian Wesp)

Womit beschäftigt sich Moriyama in seinen Werken?

Einflüsse der US-amerikanischen Künstler Andy Warhol und William Klein lassen sich auch in seiner Handschrift wiederfinden. Fern ab von Deepfakes und CGI-Technologie thematisierte Moriyama bereits die Reproduzierbarkeit von Bildern, ihre Verbreitung, ihren Konsum und stellte ihren Wahrheitsgehalt infrage, indem er immer wieder sein eigenes Bildarchiv in neue Kontexte einbettete. Dabei experimentierte er sehr stark mit Vergrößerungen, Fragmentierungen und Bildauflösungen

Persönliche Meinung zur Ausstellung

Moriyama und sein Dunstkreis waren zu ihrer Hoch-Zeit fast schon Punks der Fotografie – sie waren angezogen von Verruchtem und Abstoßendem und wollten somit der Gesellschaft und den Massenmedien den Spiegel vorzeigen.

Farah Al Qasimi – Poltergeist 

Die anderen Ausstellungen sind beide etwas kleiner und kürzer kuratiert, allerdings nimmt dies auf keinen Fall die Aussage der dort ausgestellten Stücke und Installationen. 

Denn bei Farah Al Qasimis Ausstellung Poltergeist gibt es eine Video- und Musikinstallation, die mir wahnsinnig unter die Haut ging und unsere Gesellschaft und die eigenen Ängste und Gedanken darin sehr treffend widerspiegeln. Am besten lasst ihr es selbst vor Ort auf Euch wirken! 

Ein Bild der Ausstellung Poltergeist.
Die Musik- und Videoinstallation bei Farah Al Qasim. (Foto: © Favian Wesp)

Jochen Lempert – Lingering Sensations

Der in Hamburg lebende Fotograf Jochen Lempert geht in dieser Ausstellung den Spuren der Natur nach: Hier hat ein Leuchtkäfer den Film selbst belichtet, dort sind kleine Frösche auf sensiblem Fotopapier herumgehüpft und haben während der Belichtung geisterhafte Abdrücke hinterlassen.

Die Abbildungsmöglichkeiten des Mediums Fotografie verschmelzen hier mit den Eigenschaften der Tiere: Es entsteht dabei ein Werk, das sich als künstlerische Variation der Biologie interpretieren lässt. 

Auch hier ziehen einige interessante Werke und Fotografien euch mit Sicherheit in ihren Bann und ich würde jedem Besucher und jeder Besucherin definitiv noch einen abschließenden Gang durch dieses Abteil empfehlen. Es lohnt sich!

Die momentane Austellungskombination im C/O Berlin könnt ihr noch bis zum 7. September 2023 besuchen. Der Eintritt kostet für Studierende 6,00 Euro (jeden ersten Sonntag im Monat ist sie frei zugänglich) und das C/O hat täglich von 11:00-20:00 Uhr geöffnet.

(C/O Berlin/FW)

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